Bekenntnis zum Gartenbau sieht anders aus
Wiener Netze setzen auf Zeit und gehen nochmals in Berufung
Bekanntermaßen sind durch die deutliche Erhöhung der Fernwärmepreise zahlreiche Simmeringer Gartenbaubetriebe gezwungen, wirtschaftlich vertretbare Alternativen für die Energieversorgung ihrer Glashausanlagen zu finden.
Viele Gespräche und zahlreiche Interventionen der Landwirtschaftskammer Wien mit den Wiener Netzen bezüglich einer Gasversorgung für interessierte Wiener Gartenbaubetriebe in Simmering brachten aber bisher ernüchternde Ergebnisse. Im Gegensatz zum liberalisierten Gasmarkt kommt hier die Marktmacht der Wiener Netze aufgrund ihrer Monopolstellung zur vollen Geltung. Konkrete an die Wiener Netze weiter geleitete Netzzutrittsanträge von über 60 Gärtnern liegen seit bald 1 œ Jahren auf Eis.
Durch die Ablehnung des Netzzutrittes für die Antragsteller und die Säumigkeit der Wiener Netze GmbH hinsichtlich der Unterbreitung konkreter Vorschläge für die weitere Vorgehensweise sind die Antragsteller in ihrem gesetzlich eingeräumten Recht auf Gewährung des Netzzuganges gemäß Gaswirtschaftsgesetz verletzt. In diesem Sinne sah sich die LK Wien gemeinsam mit drei Simmeringer Gärtnern veranlasst, rechtlich die nächsten Schritte in die Wege zu leiten.
Verfahren vor der Regulierungskommission
In einem von der LK Wien unterstützten Musterverfahren bei der E-Controll (Regulierungskommission) wurde die laut Gesetz bestehenden Ansprüche auf detaillierte Kostenaufgliederungen bzw. betriebsindividuellen Kostenvoranschläge für die betroffenen Betriebe geltend gemacht.
Das unabhängige Schiedsverfahren bestätigte die Gärtner und die Wiener Netze GmbH wurde aufgrund des Bescheides der ECA vom 14. Februar 2018 verpflichtet, binnen 14 Tagen einen detaillierten Kostenvoranschlag für die Herstellung einer Anschlussleitung zu legen.
Mit der Begründung, dass es den Wiener Netzen lediglich wegen dieser Frist unmöglich erschien, dieser Verpflichtung nachzukommen (obwohl dies sogar in den eigenen AGBs aufscheint), wurde ein Rechtsmittel gegen den Bescheid der ECA ergriffen.
Landesgericht bestätigt Gärtner
Das zuständige Landesgericht für Zivilrechtsachen Wien im ordentlichen Verfahren (wo die Gärtner mittlerweile als „Beklagte aufscheinen“), hat sowohl das Klagebegehren der Wiener Netze auf Feststellung, dass ein Kostenvoranschlag samt einem konkreten Vorschlag für die weitere Vorgangsweise nicht zu legen ist, als auch das Eventualbegehren, demnach diese Verpflichtung nicht festgestellt werden könne, abgewiesen.
In der Begründung wird zusammenfassend ausgeführt, dass mangels Vorliegen einer rechtskräftigen Entscheidung über das Nichtbestehen einer Anschlusspflicht aufgrund wirtschaftlicher Unzumutbarkeit eine allgemeine Anschlusspflicht bestehe. Die technische und wirtschaftliche Unmöglichkeit des Anschlusses und somit Ablehnung einzelner Anschlüsse in Form von Direktleitungen durch die Wiener Netze habe keine gesetzmäßige Rechtfertigung. Das Argument, dass die Errichtung einer zweiten Netzinfrastruktur weder betriebswirtschaftlich noch volkswirtschaftlich zu begründen sei, überzeugte das Gericht nicht.
Mit der Bestätigung der Rechtsansicht bzw. des Bescheides der Energie-Control Austria durch das Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien wäre ausreichend Zeit gewesen, die entsprechenden Kostenvoranschläge zu legen.
Unterstützung sieht anders aus
Eine in diesem Zeitpunkt eingebrachte Resolution der Landwirtschaftskammer zur gegenständlichen Thematik wurde von Stadträtin Mag. Ulli Sima (amtsführende Stadträtin für Umwelt und Wiener Stadtwerke) dahingehend beantwortet, dass die Wiener Netze zwar im Eigentum der Stadt Wien stehen, jedoch im regulierten Strom- und Gasbereich völlig weisungsfrei ihre Ausgaben wahrnehmen müssen. Dennoch versuchen auch die Wiener Netze die Gartenbauproduktion in Wien mit allen Mitteln zu unterstützen.
Konträr zu diesem „Bekenntnis zum Gartenbau“ haben die Wiener Netze Berufung beim Obersten Landesgericht Wien eingebracht. Wäre gegen die Entscheidung des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien keine Berufung beim Obersten Landesgericht Wien eingebracht worden, wäre der Bescheid der E-Control wieder in Kraft und die Wiener Netze hätten einen detaillierten Kostenvoranschlag samt einem konkreten Vorschlag für die weitere Vorgangsweise legen müssen.
Die Errichtung einer alternativen (leistbaren) Energieversorgung und somit die Sicherung des geschlossenen Gartenbaugebietes Simmering ist offensichtlich nicht gewünscht, stellt Präsident Windisch besorgniserregend fest.