LK Wien präsentiert Strategiepapier zur „Zukunft der Stadtlandwirtschaft“
Standort- und Markenentwicklung sowie Bio-Ausbau sind strategische Stoßrichtungen
Die künftige Entwicklung der Wiener Stadtlandwirtschaft ist seit 2018 ein zentrales Thema in der bäuerlichen Interessenvertretung. Nach einer Stärken-Schwächen-Risiken-Chancen-Analyse wurde seit dem Herbst intensiv an einem Strategiepapier gearbeitet, mit dem der Sektor, der sich fortwährend aktiv einem Anpassungsprozess unterzieht, den neuen ökologischen, ökonomischen und gesellschaftlichen Entwicklungen gerecht werden soll. Das zentrale Arbeitsprogramm, das auch einen breiten politischen Konsens gefunden hat, wurde gestern von der Vollversammlung der Landwirtschaftskammer Wien einstimmig verabschiedet.
Stakeholder-Dialog zur gemeinsamen Gestaltung der künftigen Wiener Landwirtschaft
"Ausgangspunkte unserer Überlegungen waren Fakten wie die steigenden Bevölkerungszahlen, die Idee, Trends wie die verstärkte Nachfrage nach regionalen Lebensmitteln für die Betriebe zu nutzen, die Ökologisierung sowie die Digitalisierung in allen Bereichen der landwirtschaftlichen Arbeit voranzutreiben und dabei agrarische Flächen langfristig zu erhalten sowie wirtschaftliche Perspektiven für unsere Mitgliedsbetriebe zu sichern", erläutert Landwirtschaftskammer-Präsident Franz Windisch. Vertreter der Stadtregierung sowie eine Gruppe von Stakeholdern aus verschiedenen, der Landwirtschaft nahestehenden Bereichen waren eingeladen, sich einzubringen und den Weg gemeinsam mit den Wiener Gemüsegärtnern, den Winzern und den Ackerbauern zu gehen. "Vor allem aber, sie auch in ihrem Bestreben zu unterstützen, den Bewirtschaftungsstandort nachhaltig zu sichern", so Windisch. Fragen nach den künftigen Herausforderungen für die Branche, wie man diesen begegnet und die Zukunftstrends im urbanen Raum mitträgt, gaben schließlich die Stoßrichtung vor.
Dachmarke für Produkte der Stadtlandwirtschaft etablieren
Als übergeordnetes strategisches Ziel definiert wurde die Schaffung einer Dachmarke für die Wiedererkennbarkeit aller Produkte der Wiener Landwirtschaft nach dem Vorbild des "Wiener Weins", die zum einen die Herkunft klar sichtbar machen und zum anderen das Image der bäuerlichen Erzeuger und ihrer Produkte heben sowie die Akzeptanz steigern soll.
Standortsicherung und Fortschreibung einer sinnvollen Ökologisierung
Ebenfalls im Fokus steht die Standortsicherung, die darauf abzielt, wertvolle Flächen für die
Lebensmittelerzeugung zu bewahren und damit für die bäuerlichen Betriebe in weiterer Folge
Wertschätzung und Wertschöpfung zu gewährleisten. Dazu zählt laut Windisch auch das Postulat,
Weiterentwicklungen in der Branche zuzulassen, statt ihr Steine in den Weg zu legen. Als drittes Ziel
wurde fixiert, Wien bis zum Jahr 2025 zum Bio-Bundesland Nummer eins zu machen. "Das muss aber
immer synchron zum Verbrauch erfolgen, sonst führt sich diese Idee ad absurdum", so der Präsident mit dem Verweis auf das aktuelle Marktungleichgewicht. Dieses hat dazu geführt, dass die Bio-
Getreideernte eines Jahres auf Lager liegt, weil es an der Nachfrage fehlt. Zur Umsetzung dieser
Vorgaben wurden elf Handlungsfelder mit möglichen Maßnahmen skizziert. Dazu zählen etwa die
Bereiche Bildung und Beratung sowie Kommunikation und Vernetzung, aber auch die Frage der
Finanzierung.
Schulungsprogramm soll Arbeitskräftebedarf decken
Dem seit Jahren immer kritischer werdenden Arbeitskräftebedarf in der Landwirtschaft will die LK Wien
nun ein gemeinsam mit dem AMS entwickeltes Schulungsprogramm für Arbeit suchende Personen als
unbürokratische Lösungsmöglichkeit entgegensetzen, ein Weg, der von den arbeitsintensiven Branchen
der Stadtlandwirtschaft - den Winzern und Gemüsegärtnern - mitgetragen wird. "Es handelt sich dabei
um ein Modell der Arbeitserprobung, das dazu dient, auf beiden Seiten Fähigkeiten und Fertigkeiten
abzustimmen", erläutert Windisch. Ab Herbst gehen die Vorbereitungen in die intensive Phase, um für
das kommende Kulturjahr erste Ergebnisse zu erzielen. "Nach den wenig erfolgreichen Versuchen, über
Jobbörsen engagierte Mitarbeiter zu finden, sehen wir hier durchaus Chancen", ist der Präsident
optimistisch. Er verlieh abschließend auch seiner Hoffnung Ausdruck, dass mit der Bildung einer neuen
Bundesregierung im Herbst auch rechtzeitig Personalentscheidungen für die Vertretung Österreichs auf
EU-Ebene getroffen werden. "Wir brauchen für die Verhandlungen über die Finanzierung der
kommenden Periode der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) einen vertrauensvollen Vertreter in Brüssel,
der sich bei der Frage der budgetären Ausgestaltung der neuen Maßnahmen für die Belange der
österreichischen Bäuerinnen und Bauern einsetzt", betonte Windisch abschließend.